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Kritische Punkte
Widerspruch

Der Grenzbegriff in der Mathematik

Im Folgenden möchte ich darlegen, warum ich glaube dass der Begriff des Grenzwertes in der Mathematik noch heute nicht in der ausreichenden Schärfe herausgearbeitet ist und deswegen Beweise als gültig betrachtet werden die tatsächlich zu ungültigen Ergebnissen führen. Der prominenteste Beweis dieser Art ist das so genannte zweite Diagonalverfahren von Georg Cantor. Ich möchte zeigen warum ich glaube, dass das Verfahren zu einem ungültigen Ergebnis führt. Ich kann allerdings keine mathematische Beweisführung erbringen um meine Behauptung zu stützen. Vielmehr greife ich in meiner Argumentation auf heuristische Methoden wie Strukturanalyse, Analogiebildung und Symmetrieargumente zurück.

Dass kein mathematischer Beweis der Art vorliegt, so dass dieser das zweite Diagonalargument ad absurdum führen würde liegt daran, dass die vielfach paradoxen Konsequenzen des Diagonalargumentes in das mathemtische Gebäude inkorporiert wurden und insgesamt ein System geschaffen wurde, in dem keine Aussage und ihr Gegenteil abgeleitet werden könnte. Im Rahmen dieser axiomatischen Methode ist das zweite Diagonalargument von G. Cantor eine korrekte Ableitung aus bestimmten, als wahr vorausgesetzten Axiomen. Die Axiome selbst wurden im Laufe der Entwicklung der Axiomensysteme, z. B. dem nach Zermelo und Fraenkel (ZFC), genau so formuliert, dass das System in sich konsistent ist. Eine andere Legitimation für die Wahl genau der verwendeten Axiome als diese, gibt es allerdings nicht.

Somit behaupte ich, dass das zweite Diagonalargument von G. Cantor in einem höhren Sinne falsch ist, als dies durch die axiomatische Methode begründet werden könnte. Das zweite Diagonalargument ist in dem Sinne falsch, dass es mit unserer sowohl körperlich als auch geistig erfahrenen Realität nicht in Einklang ist, oder anders ausgedrückt, dass es mit dem, was wir über die Notwendigkeiten unserer Welt in Erfahrung bringen können nicht komform geht und nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann. Ich behaupte somit, dass ein Axiomensystem wie ZFC durchaus legitim als ein in sich widerspruchsfreies System behandelt und benutzt werden kann. Dass aber der Anspruch, unsere gesamt Mathematik darauf begründen zu wollen, dazu führen muss, dass die Mathematik wichtige Schnittpunkte mit unserer Wirklichkeit verliert. In letzter Konsequenz könnten wir die Mathematik als ein Mittel verlieren, dass geeignet ist zuverlässig wahre Aussagen über unsere Wirklichkeit abzuleiten.


Es gibt zwei kritische Punkte in der mathematischen Begriffsbildung. Beide sind im Umfeld um den Kampf um einen widerspruchsfreien Begriff der Irrationalzahlen angesiedelt.
Der ein kritische Punkt ist die Einführung aktualer, unendlicher Gesamtheiten, die unendlichen Mengen nach G. Cantor.
Der andere kritische Punkt in der mathematischen Begriffsbildung ist die aus der Analysis bekannte Definition der unendlichen Reihe.

Wenn die zu einer unendlichen Folge F gehörige Folge von Partialsummen konvergiert, so ordnet man der Folge F als Summe den Grenzwert der Folge der Partialsummen zu. Die Folge der Partialsummen und ebenso deren Grenzwert heissen "unendliche Reihe" oder einfach "Reihe".

Damit ergibt sich, dass z.B. der unendlichen Folge
0.1, 0.01, 0.001, 0.0001, ...
die Summe 0.11111...  zugordnet ist, oder auch, diese Summe besitzt.
Nun ist 0.11111... nichts anderes als eine andere Schreibweise für
0.1 + 0.01 + 0.001 + 0.0001 + ... .

Die Aussage:
"Die Summe von 0.1 + 0.01 + 0.001 + 0.0001 + ... =  0.11111..."
ist etwas irreführend, da links und rechts vom Gleichheitszeichen bis auf die Worte "Die Summe von" nur identisches steht. Aber üblicherweise wird die linke Seite der Gleichung als eine Aufgabe verstanden, und die rechte Seite dann als deren Lösung. Man könnte die Anschauung so interpretieren: Wenn der zu dem auf der linken Seite stehenden Algorithmus gehörige Rechenprozess abgeschlossen ist, so liegt das auf der rechten Seite stehende Ergebnis vor.
Diese Anschauung ist nicht falsch wenn dabei bedacht wird, dass der auf der linken Seite stehende Algorithmus einen Grenzprozess beinhaltet, und der auf der rechten Seite stehende Ausdruck das Ergebnis dieses Grenzprozesses darstellen soll.
Die "..." auf der linken Seite versinnbildlichen einen eigentlich nicht abschließbaren Vorgang, die "..." auf der rechten Seite sind Teil eines feststehenden Ausdrucks.
Man könnte den Bedeutungsunterschied zwischen linker und rechter Seite der Gleichung versuchen zu beschreiben indem man sagt, dass auf der linken Seite ein potentielles Unendliches prozessiert wird und die Zeichenfolge auf der rechten Seite das aktual unendliche Resultat dieses zum Abschluß gedachten Prozesses symbolisiert. Wohlgemerkt: symbolisiert, nicht darstellt!

Diese Anschauung wird durch die Arbeiten von G. Cantor über unendliche Mengen gestützt, die zu der heute durchaus üblichen Anschauung geführt haben, dass unendliche Gesamtheiten aktual (weil instantan) vorliegen. Dies führt dazu, dass in der modernen Anschauung 0.11111... nicht nur ein Symbol für den Grenzwert darstellt, sondern dass die "..." von 0.11111... für das tatsächliche und aktuale Vorliegen von  unendlich vielen Nachkommastellen dieser Zahl steht. Insofern wird einer unendlichen Reihe der Form 0.11111... nicht mehr per Definition der Wert des Grenzwertes ihrer Partialsummenfolge zugeschrieben, sondern die Zahl 0.11111... ist sowohl Aufgabe wie auch Ergebnis. Der Grenzübergang ist höchstens noch als eine für uns endliche Menschen notwendige Krücke zu verstehen um ein eigentlich aktual vorliegendes Unendliches fassen zu können.
Wenn der Term "0.1 + 0.01 + 0.001 + ..." das aktuale Vorliegen dieser Reihe bedeutet, dann ist kein Grenzübergang notwendig um die Summe zu erhalten. Das "0.1 + 0.01 + 0.001 + ..." ist die Summe und alles weitere sind nur Manipulationen an deren Darstellung.

In der modernen Mathematik ist man überzeugt, dass, aufbauend auf den Arbeiten von Georg Cantor, die Paradoxa des Unendlichen gebannt wären und vor allem der Begriff der Irrationalzahl auf ein sicheres Fundament gestellt sei. Ich möchte zeigen, dass nur ein Verschiebung der Paradoxa erfolgt ist, keine Auflösung derselben.




***In Arbeit***                     Albrecht Storz, Mannheim, den 14.10.2008